#3 zu „Lob der Partei“
von Martin Wetzel (1972)
Brückenstraße 6

„Sie kommen aus Chemnitz und die Arbeiten, die wir hier sehen, die kennen sie.“ – „Ja, die Arbeiten sind sehr schön und gefallen uns. Weil sie schon immer hier stehen, die gehören zur Stadt.“ – „Wissen Sie, worum es in der Arbeit geht? Haben Sie sich die schon genauer angeschaut.“ – „Da vorn am ehemaligen Robotron-Haus, da ist auch eine Arbeit an der Wand. Das gehört, glaube ich, alles zusammen, wenn ich mich richtig entsinne. Kampf der Arbeiterklasse. Sozialismus irgendwie. Arbeiter. Werktätigen. Das ist ein Ensemble über die Arbeiterbewegung. Kampf der Arbeiterbewegung.“ – „Wie bei allen Kunstwerken gefällt es einem oder nicht. Und es doch nicht schlecht. Das lockert doch alles hier etwas auf.“ – „Haben Sie sich die Texte mal durchgelesen?“ – „Sicher haben wir mal gewusst, was da drauf steht. Die letzten 30 Jahre nicht mehr.“ – „Wie wäre das denn, wenn diese Arbeiten nicht mehr hier stünden.“ – Das wäre nicht schön. Die gehören einfach zur Stadt. Das ist wie mit dem Marx-Kopf. 90 musste der unbedingt weg. Da musste doch alles weg. Der sollte in seinen Geburtsort. Und jetzt kann sich keiner vorstellen, dass der Kopf nicht da steht. Und Bertolt Brecht ist ein Schriftsteller, was ist dagegen zu sagen?“ (Aufnahme 17, anonym, Länge 2:43)

„Es gehört zur modernen Klassik. Es ist gut, dass es die zur Anregung gibt. Das heißt nicht, dass man es Glaubensbekenntnis nehmen muss. Aber ich finde es schon richtig, sich damit auseinanderzusetzen.“ – „Was ist darauf zu sehen bzw. wie setzen Sie sich damit auseinander?“ – „Das Gedicht von Brecht, welches engagiert für den Sozialismus und Kommunismus eintritt, das ist heute auch eine Mahnung an das, was in 40 Jahren DDR passiert ist. Was kann man aus den Gedanken hinüberretten in eine bessere Welt – und das ist noch lange nicht vorbei.“ – „Sie finden also die Arbeiten haben eine gewisse Aktualität?“ – „Naja, das ist kein moderner Stil, moderne Kunst ist das nicht. Aber es ist mehr als Dokument. Es ist etwas, womit es sich auseinanderzusetzen lohnt. Je älter man wird, umso wichtiger findet man das auch.“ – „Wissen Sie mehr über die Arbeit, warum dieses Werk hier steht? – „Ich weiß nicht, wann es gebaut wurde, auch nicht was die Hintergedanken waren. Natürlich die Nähe zur Bezirksregierung und Parteizentrale war beabsichtigt. Das ist jetzt abgefallen. Heute stehen die Sachen für sich und können für sich klug verstanden oder übersehen werden. Die meisten übersehen sie.“ (Egmont Elschner, Aufnahme 25)

„Diesen Spruch fand ich so schön: Der einzelne hat zwei Augen. Die Partei hat 1000 Augen. Jeder DDR-Bürger wird dann sofort die Stasi im Hinterkopf haben.“ – „Und sie, die sie nicht in der Zeit gelebt haben, wie haben Sie das verstanden?“ – „Zu manchen Sprüchen habe ich nicht so einen Bezug, aber ich finde es trotzdem interessant, weil es ein Stück Zeitgeschichte ist. Es zeigt, warum die Leute so sind, wie sie sind, die in der DDR gelebt haben. Es bietet die Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzen, was war gut, was war schlecht, welche Werte sollte man heute etwas mehr fördern, welche nicht. Ich finde es sehr interessant, dass es erhalten geblieben ist – natürlich immer mit dem Hintergedanken, dass Ideologie dahinter steht.“ – „Was haben Sie noch entdeckt?“ – Ja, ich denke es waren Philosophen, Heraklit. Das man so weit zurück geht, um das stückweise aufzubauen und am Ende dann hier zu stehen. Das hätte ich nicht gedacht, dass das so möglich war.“ – „Auf wen bezieht sich denn das, wenn gesagt wird „er ist vernünftig?“. Auf den Revolutionär?“ – „Auf den Revolutionär. Es ist etwas abstrakt, wer er sein soll, wenn man hier startet, aber es löst sich mit der Zeit auf.“ – „Der Sozialismus war die Vorstufe des Kommunismus, den man erreichen wollte. Der Gedanke ist nicht schlecht, dass es allen Leuten gut gehen sollte, durch die Gemeinschaft, durch das gemeinschaftliche Kapital, mit den volkseigenen Betrieben, wie das in der DDR war. Aber ich denke einfach, wahrscheinlich ist es an der Schlechtigkeit des Menschen gescheitert. Manche Sprüche könnte man auch heute wieder hinstellen. Die haben noch heute ihre Berechtigung und treffen heute noch zu. Man müsste sich noch mehr mit Brecht heute auseinandersetzen, wahrscheinlich werde ich das heute noch machen. Die junge Generation kann damit nicht so viel anfangen.“ (anonym, Junges Paar aus Bautzen)